Als wertvollen Fund im Innern erachten wir die drei vorfabrizierten Betonstützen. Auf einem statisch sinnvollen Quadratraster platziert, zonieren sie den Raum eher rational als aus Gestaltungswille. Jedoch vermag ihre skulpturalen Formensprache der unklaren Geometrie des Raumes standzuhalten – mehr noch, ihn zu prägen und ihm eine Identität zu verleihen. Auf den ersten Blick äusserst scharf und expressiv, weisst die Gestalt der Stütze aber auch eine einfache, subtraktive Logik auf und kann mittels vier lapidarer dreikantiger Einlagen in einer quadratischen Schalung erzeugt werden. Ein interessanter Zeitzeuge der fortgeschrittenen Bautechnik der Fünfzigerjahre und ein Anlass über die Bedeutung des „Originalen“ und der Veränderung in unserem Umbauprojekt nachzudenken.
Wir möchten mit unserem Umbau weder auf einen bestimmten, als relevant taxierten Zustand in der Vergangenheit zurückführen, noch möchten wir das Vorhandene und die Geschichte negieren. Wir suchen eine entspannte Kontextualität, welche die vorhandenen Elemente unvoreingenommen interpretiert und in spannende, neue Beziehungen setzt. Da der Charakter des Bestandes weitgehend auf seiner Heterogenität aufbaut, versuchen wir die haptischen, organischen Qualitäten des freigelegten Putzes des letzten Umbaus genauso als Potential zu gewichten, wie die alten Grundmauern. Als quasi erster entwerferischer Akt, wurden zu Beginn des Planungsprozesses Verkleidungen und Oberflächen entfernt und abgebrochen. Die Tiefe der Rückbau-Eingriffe wurden ad hoc, aus der steten Beurteilung der gefundenen Strukturen und Materialien definiert und der neu gewonnen, rohe Eindruck der räumlichen und materiellen Qualitäten wurden zur Ausgangslage für einen einfachen, präzisen architektonischen Eingriff: Hinzugefügt wurde - in fast installativer Manier - nur das funktional Nötige. Die Atmosphäre des Raumes entsteht durch die Spannung zwischen Rohheit und den präzisen, handwerklichen Details der neuen Elemente.
Gemeinsam mit Nicolaj Bechtel, 2017
Mitarbeit: Daniel Klinger, Margarida Leao, Alice Francesconi